Die Ostsee und der mürrische Motor

Gerade wollt ich schreiben, „heute ist mein großer Tag“ …dabei sind ja die letzten beiden Tage schon herausragend in Lernerfahrung und es kann ja nur ein Klacks sein, die paar Seemeilen bis Marstall zu segeln, aber was heute auf mich zukommt ist nochmal ne Schüppe obendrauf.

Gestern haben wir beschlossen, um 7:00 aufzubrechen, da der Wind gegen Mittag abnehmen sollte. Gesagt getan. Bisschen früh…und doch ist diese Zeit am Tag einfach herrlich. Ich wache bei Sonnenschein und blauem Himmel auf. Es ist etwas frisch, doch die Sonne wärmt schon ein bisschen.


Alles an Ort und Stelle gepackt, Katzenwäsche und los geht’s wiedr lege ich als erste ab, dabei wollte ich so schön hinter einem der Boote hinterhertuckern. Gelingt mir dann auch, als ich bei dem Versuch aus dem Hafen zu steuern und gleichzeitig etwas aus der Schublade zu holen, das Ruder verreiße und gefährlich nah zur Mole treibe. Gut, so langsam kapiere ich auch, was passiert, wenn ich die motorpinne zu Hilfe nehme. Einmal gedreht und mein Wunsch hat sich erfüllt, ich fahre hinter oliese her raus.

Flux ..naja oder mit Bedacht die Segel gesetzt -diesmal bekomme ich das Großsegel chic nach oben, allerdings lasse ich die Fock vorher zu lang flattern, die Großschot auch zu lang …oder so…naja, ich weiß jetzt wie die Theorie und Praxis sich immer wieder ein bisschen unterscheiden. Das mach ich dann nächstes Mal in der richtigen Reihenfolge. Erst fock, dann Motor hoch und dann Großsegel. Richtig?!

Und dann Glückseligkeit! Vorbei an schleimünde raus aufs Meer! Laut singe ich das Lied von Anna Depenbrock:

Ich bin heut aufgewacht und habe den Tag am Meer verbracht.
An die Sorgen letzter Nacht hab ich schon gar nicht mehr gedacht.
Es ist so wunderschön hier im Wind am Meer zu stehen!
Komm mach die Leinen los
Zieh die Segel stramm ich werd mich dran gewöhnen, dass die Winde sich mal drehen

Passt oder?

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Die Winde drehen sich tatsächlich, nämlich so 2-3sm vor Marstal wird es ruhig. Ich berge die Segel und starte den Motor. Er geht sofort an. Yes.

Ich komme gut in die Fahrrinne, mit gut meine ich, der Kurs war gut, die Boje hab ich erkannt und es kommt kein Gegenverkehr. Laut singe ich wieder und dann passiert es. Der Motor geht aus. Nix nada, aus. Kein Sprit denke ich und in Windeseile hole ich Kanister, Trichter und Tuch. Fülle nach und treibe dabei außerhalb zur Fahrrinne. Eigentlich nicht schlimm, doch ich sehe immer besser den schönen hellen Meeresgrund vor mir. Ich starte den Motor wieder, und er geht an. Puh! Wunderbar. Bloß raus hier aus dem seichten Wasser. gebe etwas mehr Gas und trotzdem tut sich nix. Stecke ich schon fest? Die logge sagt 1,10m. Es hat aber gar nicht geruckelt….muss wohl doch Tiefer sein als mein Kiel von 1,2m. Der Wind kommt von der Seite. Der Motor kommt nicht gegen an. Salty und Marta Kurven im Fahrwasser. Gutes Gefühl, dass sie gesehen haben, dass ich in der Klemme stecke. Nah ran fahren bringt aber auch nichts, nicht dass sie auch noch in Bredouille geraten. im Innern geht ungefähr folgender Dialog in mir ab: warum geht es nicht, hab den Motor auf volle pulle, jetzt langsam, dann Wechsel auf rückwärts, was kann ich tun? Gut, setze ich mal die fock. Drehe mich nicht zum Fahrwasser, komme aber näher. Bewege die pinne wie beim Laser…immer hin und her…bringt ein klitzekleines bisschen…komme aber nicht in die richtige Fahrtrichtung…Wieder Motoreinsatz…Frieda, los, dreh dich bitte…sie will sich nicht drehen. Heul, Mist. Was kann ich tun. Ah, da segelt einer im Fahrwasser, das sollte ich doch auch hinbekommen. Irgendwie bekomme ich dann Frieda doch mit der Fock in die richtige Richtung. Juchuu! Jetzt Großsegel setzen, das muss gehen.

Dann kommt oliese mit Sabine, Ernst und Nicolas an Bord. „Sieht doch gut aus, jetzt Fock runter und los“ verstehe ich. Mmmhhh…aber das ging doch eben nicht…gut, Versuch ich nochmal. Gleiches Spiel, ich drifte wieder nach Steuerbord ab. „Ich glaub der Motor ist hin“ rufe ich Nicolas zu. „Gut dann mach ihn aus, wir nehmen dich in Schlepptau.“ Gesagt getan, so werde ich nach der havarie gemütlich und vollkommen sicher zum liegeplatz, wieder neben Salty, kutschiert. Hätte anders kommen sollen, is aber nun mal so. Jetzt weiß ich ob meiner Reaktionen in so einer Situation. Das belegen einer Klappe zum Beispiel könnte ich bewusster machen, denn die Schleppseile ist beim ersten Mal glatt abgerutscht. Beim zweiten Mal hielt sie dann.

Ich hatte zu keiner Zeit wirklich Angst um mich, sondern war damit beschäftigt, was zu tun, was mich da rausbringt. Hat nicht geklappt, aber Hilfe kam ja. Danke an Oliese’s Crew!

Ernst und Sabine haben gleich Unterricht im Schlepper sein erhalten und alle haben was gelernt.

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Das war ist wirklich eine gute Entscheidung gewesen, in einer Flottille meine einhanderfahrung zu machen. Gemeinsam ist man weniger allein.

„gut, die Erfahrung hätte ich dir jetzt nicht schenken wollen“, sagt Nicolas, „der Motor sollte ja einfach funktionieren“.

ttja, manchmal kommt es eben, wie es eben kommt.

Hier der kleine Abstecher vom gps

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Dem Motor fehlt nun ein Bolzen, der sich gedreiteilt hat. Dadurch drehte sich die Schraube nicht. Ursache ist gefunden und ich hoffe, dass eine der Werften hier Ersatz hat. Mal sehen, wie es morgen weiter geht.

Es ist meine Herausforderung 2015 und die beste seit langem !

Gute Nacht!

Törnabstecherkönigin Karin

2 Gedanken zu “Die Ostsee und der mürrische Motor

  1. Ahoi liebe Karin !!

    Schöne Grüße an Frieda und alle mitfahrenden Schiffe von Joachim Ringelnatz.
    Auf dass sie Dir und deinen mItseglern weiterhin treu zur Zeite steht !

    „ Sie haben das mächtige Meer unterm Bauch
    und über sich Wolken und Sterne.
    Sie lassen sich fahren vom himmlischen Hauch
    mit Herrenblick in die Ferne.

    Sie schaukeln kokett in des Schicksals Hand
    wie trunkene Schmetterlinge.
    Aber sie tragen von Land zu Land
    fürsorglich wertvolle Dinge.

    Wie das im Winde liegt und sich wiegt
    Tauüberspannt durch die Wogen.
    Da ist eine Kunst, die friedlich siegt,
    und ihr Fleiß ist nicht verlogen.

    Es rauscht wie Freiheit. Es riecht wie Welt –
    Natur gewordene Planken
    sind Segelschiffe. – Ihr Anblick erhellt
    Und weitet unsere Gedanken.”

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